In St. Ottilien hieß es zum zehnten Mal „Manege frei“

Waghalsige Circusnummern

ST. OTTILIEN – Zehn Tage Hochstimmung, zehn Tage ausverkaufte Vorstellungen und das zum mittlerweile zehnten Mal – dem „Circus St. Ottilien“ gelingt, wovon manch andere nur träumen können. 

Es ist aber auch ein ganz besonderer Circus: „Es ist der einzige Schul- und Klostercircus der Welt.“ Davon ist der frühere Circusdirektor Stefan Klotz überzeugt. Vor 31 Jahren hat  er mit Bruder Josef Götz und dem damaligen Erzabt Notker Wolf diese Veranstaltung initiiert. 

Alle drei Jahre wird auf der großen Wiese vor dem Ortsschild des Klosterdorfs ein echtes Circuszelt mit einer zwölf Meter hohen Kuppel aufgestellt. Alle drei Jahre dreht sich im Rhabanus-Maurus-Gymnasium ein Jahr lang vieles um den Circus. Verschiedene Teams aus Oberstufenschülern und Lehrern kümmern sich um die Organisation, Außendarstellung, Nummernvorbereitung, um Handwerkliches und das abendliche musikalische Beiprogramm. 

„Zentrales Element ist der Gemeinschaftsgedanke“, betont der derzeitige Circusdirektor Martin Metz. „Ohne das Kloster mit seinen Handwerksbetrieben wäre die Veranstaltung nicht zu stemmen.“ Eine große Gemeinschaftsaktion war beispielsweise der Bau von 31 neuen Buden für den Jahrmarkt rund um das Zelt. Diese gönnte sich die Schule zur zehnten Circuswoche, die eigentlich schon vergangenes Jahr stattfinden sollte und wegen der Corona-Pandemie verschoben werden musste.

Die Buden wurden von Schülern gemeinsam mit Klosterbetrieben gebaut und teilweise mit Strom- und Wasseranschlüssen ausgestattet. Heuer kamen sie erstmals zum Einsatz. Essen, Getränke, Schleckereien, Spiele – Besucher können von den jugendlichen „Budenbetreibern“ jetzt noch besser versorgt werden. 

Das Wichtigste sind natürlich die Circus-Vorstellungen. Alle Schüler ab der fünften Klasse dürfen sich mit einer Nummer bewerben und, wenn sie gut ist, in der Manege auftreten. Das gilt gemäß dem Gemeinschaftsgedanken natürlich auch für Lehrer, Eltern und Mönche. Lehrer sorgen bei Vorbereitung, Training und Präsentation für Sicherheit. 

50 Programmpunkte wurden heuer gesammelt und bei den 16 Vorstellungen im Wechsel präsentiert. Die Qualität war beeindruckend. „Wir können nimmer“, sagte zwar Schulleiter Andreas Walch vor dem „Grande Finale“, aber bei der Stimmung, die schon eine halbe Stunde vor Beginn im erneut ausverkauften Zelt kochte, „fahren wir das System noch einmal hoch und geben unser Bestes“. 

Schon der erste Auftritt bei der letzten Vorstellung bestätigte das. „Sechs „Barbarren“ zeigten Barrenübungen vom Feinsten. Und weil ohne Gemeinschaft, ohne Miteinander manches nicht geht, sprang hier für einen Coronafall unter den Schülern der Sportlehrer ein. 

Von Corona und Quarantäne habe sich keiner ausbremsen lassen wollen, erklärte Circusdirektor Metz, der selbst betroffen war und die Premiere nicht live erleben konnte. Sportliche Höchstleistungen gab es auch hoch unter der Circuskuppel: An Vertikaltuch oder Aerialring, Trapez oder Cube, stets wurde Hochleistungsartistik geboten. 

Akrobatik, Jonglage, Tanz – in jeder Vorstellung reihte sich Höhepunkt an Höhepunkt. Umbaupausen mit schwer schuftendem Backstageteam wurden von der eigenen Circuskapelle überbrückt. Zwischendurch tauchten zur Erheiterung Clowns auf und auch Lehrer waren sich nicht zu schade für köstlichen Spaß in der Manege. 

Die Klostergemeinschaft vertrat unter anderem Erzabt Wolfgang Öxler. Umgeben von jugendlichen Engeln und vielen Seifenblasen rappte er stilecht gekleidet und sang „Circus St. Ottilien wunderbar – Lehrer, Schüler, Mönche, ist doch klar.“

Romi Löbhard

07.08.2022 - Bistum Augsburg